Beraten in langem Streit, beschlossen in guter Zeit, geplant mit frischen Mut, gebaut auf Felsen gut.

Am 15.10.1913 begann man nach jahrelanger Planung mit dem Bau unseres heutigen Stadtbades – zumindest begannen die ersten Ausschachtungsarbeiten – der erste Spatenstich erfolgte.

Der Bau, nach Entwürfen des halleschen Stadtbaurats Wilhelm Jost (1874–1944), wurde auf mehreren Grundstücken errichtet, die die Stadt zunächst ankaufen musste: so das Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei in der Schimmelstraße sowie das Weinhold’sche Grundstück in der Großen Steinstraße 66, neben dem späteren Hotel Weltfrieden.

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Das Gelände des Stadtbades mit seiner historischen Bebauung um 1901, Kreuzung Große Steinstraße, Ecke Schimmelstraße / StAHalle

Nun besaß die Stadt ein sehr verwinkeltes Gelände, das bereits die Entwurfslegung und den Bau erschwerte. Ein weiterer ungünstiger Umstand lag in der Beschaffenheit des Baugrundes aus massivem Felsgestein, das in mühsamen und langwierigen Sprengungen erst einmal auf eine bestimmte Tiefe abgebaut werden musste. Noch immer stehen die Fundamente des Stadtbades auf massiven Felsen.

In den „Verwaltungsberichten der Stadt Halle über das Verwaltungsjahr 1913“ (StAH S. 65 – folgend VB) ist dazu zu lesen: „nachträglich bewilligt: 3000 M für nicht vorhergesehene Sprengarbeiten, weil der tiefe Heizkeller vollständig in den gewachsenen Felsen eingebaut werden musste.“

Der Felsen musste abgetragen werden, wodurch eine bebauungsfähige Fläche geschaffen wurde. Es entstand dabei keine einheitliche Fläche, sondern mehrere abgestufte Ebenen, die einen Höhenunterschied von 7 m aufweisen. Dieser Höhenunterschied ist heute noch beim Besuch vom Eingangstor an der Schimmelstraße über den Hof in die Kassenhalle bis zur Männerhalle/Frauenhalle nachvollziehbar.

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Das Gelände des Stadtbades nach dem Abriss der historischen Bebauung 1913 mit der Brandmauer der noch heute existierenden klassizistischen Villa in der Schimmelstraße 5 / StAHalle

Besonders heikel waren die Sprengarbeiten für das Wasserreservoir. Denn dieses entstand unterhalb des Schulhofes der ehemaligen Mittel(Steintor)schule – der zukünftigen Jugendherberge. Dieses Gelände lag wiederum etwas höher als ein extra auszuschachtendes Kellergeschoss unter den beiden Schwimmhallen. Der Vorteil des Wasserreservoirs unter dem Schulhof lag darin, „dass die Speisung der Schwimmbecken aus diesem Behälter mit natürlichem Gefälle, also ohne Pumpenbetrieb möglich“ (VB) wurde.

Ende des Jahres (Dezember 1913) wurde an den hoch gelegenen Teilen des Geländes, das heißt im Bereich des Direktorenwohnhauses hinter der Frauenhalle (heutiges Ordnungsamt), mit den Maurerarbeiten begonnen.

Um einerseits die Höhenunterschiede bei den größeren Gebäudeteilen auszugleichen, wie bei der Frauen- und Männerhalle, musste man die Schwimmbecken auf bis zu 2 m hohe Stelzen errichten. Das hatte einerseits den Vorteil, dass man für die Becken nicht zusätzlich Felsen wegsprengen musste, andererseits bot sich hierdurch ein erheblicher Vorteil zur Wartung der Beckenunterseiten.

Schon in den 90er-Jahren des 19. Jahrhunderts kamen in Halle die ersten Gedanken zu einem Hallenbad auf, welches auch im Winter zu nutzen wäre. Noch lange herrschte jedoch in der Bürgerschaft und auch in der Stadtverordnetenversammlung die Meinung „Im Sommer badet man in der Saale und im Winter badet man überhaupt nicht!“ (Rive, Richard Robert: Lebenserinnerungen eines deutschen Oberbürgermeisters. Stuttgart: 1960.)

Zum Glück änderte sich diese Ansicht der Hallenser im Laufe weniger Jahre und die allgemeinen hygienischen Bedingungen konnten durch die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens in der Stadt verbessert werden. Im Jahre 1910 hatten nur etwa 13 % der halleschen Wohnungen einen Baderaum aufzuweisen. Es existierten 1913 insgesamt 16 private Bäder, darunter 7 Flussbadeanstalten und 3 Solbäder. Der Nachteil war, dass die Preise von den Besitzern bestimmt wurden und für die ärmere Bevölkerung im Winter keine Bademöglichkeit bestand. Im Winterhalbjahr schwimmen zu gehen, war somit ausgeschlossen, es sei denn, man gehörte zu den Eisbadern, die durch ein Loch in der Eisdecke eines Gewässers ihre zittrige Erfrischung suchten.

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Blick auf Carl Köckers Flußbadeanstalt, Luisenbad am Gimritzer Wehr, 1920 / StAHalle

Nach einer Wettbewerbsausschreibung arbeitete das Hochbauamt unter Wilhlem Josts Vorgänger im städtischen Hochbauamt verschiedene Vorentwürfe zu einem Hauptentwurf aus, der am 3. Juni 1911 nebst Wirtschaftsberechnung und Kostenvoranschlag der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt werden konnte. Dieser Entwurf wurde jedoch nicht genehmigt.

Letztendlich scheiterte er an den zu erwartenden hohen Zuschüssen und Unterhaltungskosten. Diese hätten sich jährlich auf geschätzte 70 000 Reichsmark belaufen. Wilhelm Jost begann diesen, auch aus ästhetischer und funktioneller Sicht unzulänglichen Entwurf einer ersten städtischen Schwimm-Bade-Anstalt zu überarbeiten.

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Entwurf von Wilhelm Jost zum Stadtbad / Privatnachlass J. von Gierke

Ende Juni 1913 wurde dieser genehmigt. Allein der nun zweifelsohne schönere und zweckmäßigere Bau konnte die Stadtverordneten noch nicht überzeugen. Aber Jost hatte seinen Entwurf mit einer wesentlichen Verbesserung im Vergleich zu seinem Vorgänger versehen. Er schlug die Nutzung von überschüssiger Restwärme des städtischen Gaswerkes vor.

Über eine Trasse sollte das Bad mit dem circa 40° C warmen abgeleiteten Kühlwasser versorgt werden. Somit sparte man rund 45 000 Reichsmark Heizkosten pro Jahr.

Während des Kriegsausbruchs mussten die Bauarbeiten am Stadtbad teilweise ruhen, dennoch konnte man den Bau recht zügig fertigstellen. Bereits am 16. Februar 1916 konnte es feierlich eröffnet werden.

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Blick über den Hof des neu eröffneten Stadtbades mit Lorbeerbäumchen 1916 / StAHalle

Mit dem Stadtbad schuf Wilhelm Jost ein lediglich der Körperhygiene und der Körperertüchtigung dienendes Bad – kein Spaßbad. Es beinhaltete Brause- und Wannenbäder sowie zwei große Schwimmbecken und ein römisch-irisches Bad – streng nach Geschlecht und Erwerbsklassen getrennt. Für die preiswerten Brausebäder, die von der ärmeren Bevölkerung genutzt wurden, gab es einen separaten Zugang vom Hof aus. Die Frauenschwimmhalle mit ihrem ovalen Grundriss an orientalische Thermen erinnernd, gilt als Juwel des Stadtbades. Sie ist in ihrer Raumwirkung als besonders gelungen zu bezeichnen.

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Frauenhalle und Männerhalle im Bau / StAHalle

Besonderen Wert legte er auf die Farbe der Fliesen und Kacheln. Er wollte unter allen Umständen die Assoziation mit gefliesten Küchen und Fleischereien vermeiden, denn „Es sollte ein schön gefärbter Wasserspiegel sein“ (Erinnerungen aus meinem Leben – unveröffentlichtes Manuskript von Wilhelm Jost- StAH Familienarchiv 11077). Eine blau-weiße Farbkombination wurde daher ausgeschlossen. Jost wählte nach mehrfachen Proben graugrüne Platten, die eine smaragdgrüne Wasseroberfläche bildeten.

Äußerlich ist das Bad – ebenso wie die Sparkasse und andere frühe Bauten von Jost in Halle – in das weite Spektrum der Reformarchitektur einzuordnen. Das Bad passt sich einerseits in seine bauliche Umgebung ein. Andererseits betont es jedoch durch die Gestaltung auch seinen öffentlichen Charakter, der es von den nebenstehenden Privathäusern klar abheben sollte.

Stadtbad Außenansicht / StAHalle

Stadtbad Außenansicht / StAHalle

Die Mischung der Einflüsse ist zu erkennen: innen zum Beispiel die Vorbilder römisch-antiker Thermen und außen die rundbogigen Blendarkaden befestigter mittelalterlicher Bauten. Hinzu kommen das Dekor in den verschiedenfarbig gekachelten Innenräumen sowie der plastische Schmuck an den Fassaden. Ins Auge fällt die Gestaltung des Eingangsportals, das von den mythologischen Wassergestalten Triton und Nereide flankiert wird. Diese Personifikationen des Meeres verweisen bereits beim Betreten des Gebäudes auf seine Funktion. Nach einem Entwurf Martin Knauthes (1889–1889) ist der über dem Eingang befindliche, recht verspielt wirkende Uhrenerker gefertigt worden.

Die fünf Türme von Halle / StA Halle

Die fünf Türme von Halle / StA Halle

Der die gesamte Baugruppe überragende und in nördliche Richtung weithin sichtbare Turm erinnert an den des alten Rathauses und an die Hausmannstürme der Marktkirche. Sein eigentlicher Zweck war der eines Wasserturms, also eines Ausgleichsbehälters, der den Wasserdruck im Bad regulierte.

Eine Besonderheit des Stadtbades war es auch, dass das 25 Meter lange, rechteckige Becken der Männerschwimmhalle bereits für Wettkämpfe vorgesehen war. So fanden die Zuschauer auf der umlaufenden Galerie Platz, um das Wettkampfgeschehen aus erhobener Position besser überblicken zu können.

Am 16. Februar 1916 konnte die erste städtische Schwimm- und Badeanstalt unter Anwesenheit des Oberbürgermeisters Dr. Richard Robert Rive eingeweiht werden, der in seiner Weiherede sagte: „Öffne dich du nun, du weites Haus mit deinen lichten Hallen, und spende Gesundheit, Kraft und Lebensfreude den Unzähligen, die dich suchen werden. Aus Mühe und Sorge bist du geworden, Erholung und Wohltat sollst du sein“ (Rive).

Verantwortlich im Namen der IG Zukunft Stadtbad: Kathleen Hirschnitz

Text hauptsächlich entnommen aus: Homagk, Mathias: Gebaut habe ich genug … Wihelm Jost als Stadtbaurat in Halle (1912–1939). Halle: 2013. Mit bestem Dank an das Stadtarchiv Halle und seine Mitarbeiter für die Digitalisierung und die Bereitsstellung der Bilder.