DENKMALSCHUTZ – ENERGIEOPTIMIERUNG – WIRTSCHAFTLICHKEIT

Im Auftrag des Fördervereins haben Denkmalpfleger, Architekten, Designer und Fachplaner in Zusammenarbeit mit Holzer Kobler Architekturen GmbH, Zürich-Berlin (z.B. Humboldt Forum Berlin, Militärhistorisches Museum Dresden, Arche Nebra, Westside-Bad Bern) im Frühjahr/Sommer 2020 eine 3. Option zum Nutzungskonzept der Bäder Halle GmbH erarbeitet.

Die Notwendigkeit eines Alternativkonzeptes begründete sich in den offensichtlichen Defiziten, welche die bis dahin vorliegenden Nutzungsoptionen aufwiesen. Das alternative Konzept stellt die Bereiche Denkmalschutz, Energieoptimierung und Wirtschaftlichkeit der Bau-, wie der Betriebsphase über den gesamten Nutzungszyklus in den Mittelpunkt der Überlegungen. Die Vorentwurfsstudie arbeitete dabei grundsätzliche Antworten auf drei Kernthemen heraus, die sich im Arbeitsprozess als entscheidend darstellten:

1. Schaffung abgeschlossener Zonen ähnlicher Temperatur und Feuchte (Energieeffiziente Betreibung)
2. Barrierefreie Erschließung aller öffentlicher Bereiche (Erhöhung der Nutzungsflächen für alle)
3. Neuordnung des Zugangs, der Funktionsbereiche und der inneren Erschließung (Erhöung der Nutzungsflächen als wirtschaftlicher Effekt)

Shortfacts zur Alternativoption des Fördervereins

  • Die äußere Erschließung erfolgt über einen zentralen, barrierefreien Zugang im 1.UG, indem Warte-, Kassen-, Shop- und Cafebereiche sowie Garderobe, Schuhwechsel und Föhnbereich so integriert sind, dass maximale betriebswirtschaftliche Synergien erreicht werden können. Von hier aus sind die Schwimmbäder, die Sauna, der Bereich med. Anwendungen sowie die neutralen Bereiche (Umkleiden, Duschen, Wickel- und Sanitärraum, Verkehrswege u.s.w.) sowie die Potentialflächen jenseits der nördlichen und südlichen Grundstücksgrenzen auf kurzem Wege erreichbar.
  • Die internen Nutzungsprozesse und Verkehrswege werden neu geordnet und die Orientierung durch ein spezielles Leitsystem verbessert.
  • ALLE öffentlichen Bereiche sind barrierefrei zu erreichen, OHNE dass dafür Eingriffe in nichtveränderbare Teile des Denkmalpflegerischen Bindungsplans notwendig sind.
  • Das historische Foyer wird als zentraler Kreuzungspunkt der inneren Erschließungen sowie Treffpunkt und Kommunikationsort in seiner Aufenthaltsqualität aufgewertet, ohne den  Bindungsplan zu tangieren.
  • Zu medizinischen Anwendungen gewährleisten separate Zugänge ins EG die Kostenübernahme durch die Krankenkassen, unabhängig von der jeweiligen Betreiberstruktur. Der Schwerpunkt in diesem Bereich liegt auch zukünftig in Wasseranwendungen.
  • Zusätzliche Senioren- und Behindertenumkleiden sowie Dusch- und Toilettenbereiche werden integriert.
  • Das vorhandene Irisch-Römische Saunaangebot wird als Alleinstellungsmerkmal im Stadtbad gestärkt und durch zusätzliche Angebote erweitert und bietet durch separate Erschließung die Möglichkeit, von den Kassen finanzierte med. Anwendungen auch hier zu integrieren.
  • Der bisher weitgehend ungenutzte umbaute Raum im Turm wird in eine effektive Flächennutzung des Gesamtbades integriert.
  • Optionen zu nachhaltigen Synergieeffekten mit der Jugendherberge und der geplanten Grundschule sowie Zugangs-, Umkleide- und Duschbereiche für Schulschwimmklassen und Gruppen werden aufgezeigt.
  • Ausreichende Flächen für die Bäderverwaltung sowie Personalräume werden im ehem. Direktorenhaus nachgewiesen, dessen äüßere Hülle bereits saniert und innere Erschließung den Nutzungsanforderungen bereits weitgehend entspricht.
  • Optionen für eine separat betriebene, aber direkt angegliederte Gastronomie (ggf. mit Hotelbetrieb), die sowohl direkt vom Bad aus als auch von außen barrierefrei zugänglich ist, werden dargestellt.
  • Durch Schaffung von funktional und raumlufttechnisch miteinander verbundenen Zonen (ähnliche Temperatur- und Luftfeuchtebereiche gemäß VDI 2089 Blatt 1) und deren konsequente Abtrennung zueinander wird der Wärme- und Feuchtehaushalt in den verschiedenen Nutzungsbereichen optimiert und energieeffizient gemäß DIN 4108-2 und 3 gesteuert.
  • Durch denkmalgerechte Dämmmaßnahmen, insbesondere an den Innenwandseiten, Decken, Kuppeln und Fenstern wird eine weitgehend thermische Gebäudehülle geschaffen.
  • Für die vorhandenen Wasserbecken ist in Ruhezeiten eine Beckenabdeckung vorgesehen.
  • Wohlfühlwärme mit geringen Lüftungsverlusten wird weniger über die Lüftung und mehr über integrierte Flächenheizungen in denkmalpflegerisch unbedenklichen Bereichen (z.B. Decken) erreicht.
  • Durch obige Maßnahmen wird zudem die historische Bausubstanz vor Kondenswasseranfall geschützt.
  • Die Energieversorgung erfolgt mit Nutzung von Fernwärme, Abwärme sowie Erneuerbaren Energien zu wettbewerbsfähigen Kosten gemäß den Ergebnissen von Variantenuntersuchungen.
  • Photovoltaikenergie wird auf möglichst 100% ausgelegt und Solarthermie auf der Südseite des neu zu errichtenden Daches der Männerhalle installiert.
  • Sämtliche Maßnahmen zur Energieoptimierung werden unter den Aspekten einer maximalen CO2- und Kosteneinsparung in Hinblick auf zukünftige Betriebskosten bewertet.
  • Für den barrierefreien Umbau sowie die energetische Sanierung des Stadtbades werden förderunschädliche zusätzliche Fördermittel und Subventionen in Anspruch genommen.

Für das Stadtbad als Bau- und Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung ist für die geplante Komplettsanierung ein für die nächsten Jahrzehnte tragfähiges und überzeugendes Entwurfskonzept zu erarbeiten. Als Grundlage einer Ausschreibung der Planungsleistungen ist ein Nutzungskonzept allein nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es der Erarbeitung eines BETRIEBSKONZEPTES, indem auch Fragen wie Öffnungszeiten und Eintrittspreise, Betriebsorganisation und Personalbedarf sowie ein Nachweis der Wirtschaftlichkeit dargestellt werden.

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Dipl.-Ing. Gernot Lindemann, Halle (Saale) im Juli 2020, mobil. 0171/5362639, gernotlindemann@gmx.de